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Okzitanisch oder „langue d’oc“ ist eine romanische Sprache, die im Süden Frankreichs (mit Ausnahme des Rousillon) bis zur Grenze, die einige Kilometer nördlich von Libourne, Confolens, Guéret, Montluçon, Tain-L’hermitage, Briançon verläuft, gesprochen wird. Okzitanisch wird ebenfalls in zwölf Alpentälern Italiens und im Val d’Aran in Spanien gesprochen.
Eine der ersten Belege der Bezeichnung „langue d’oc“ fi ndet man bei
Dante, der in seinem De Vulgari eloquentia die romanischen Sprachen
nach der Art und Weise wie „ja“ ausgedrückt wird einteilt (oïl, òc, si).
Für das Okzitanische wurden verschiedene Begriffe gebraucht: romanische Sprache, provençal, limousin, gascon…, die drei letzten bezeichnen ebenfalls eine regionale Varietät des Okzitanischen. Die Bezeichnungen Okzitanisch, okzitanische Sprache, Okzitanie, die ab Ende des 13. Jahrhundert belegt sind (vor allem im Lateinischen), werden bis Anfang des 20 Jh. nur selten verwendet. Sie wurden erst mit der Okzitanistenbewegung verbreitet.
Im Mittelalter ist Okzitanisch nicht nur in der Literatur zu finden, es wurden auch nichtliterarische Texte in der Regionalsprache verfasst. Dieser Gebrauch ist in Chartas ab dem 12 Jh. bezeugt. Im 13. Jahrhundert erstreckt er sich über die gesamte okzitanische Region und weitet sich im 14. und 15. Jahrhundert aus. Im Laufe dieser beiden Jahrhunderte ist der schriftliche Gebrauch (offizielle Dokumente, Archive, Notariat, Verträge, Korrespondenz…) des Okzitanischen, das in Konkurrenz zum Latein steht, üblich. Tatsächlich findet die Einführung des Französischen zu dem Zeitpunkt statt, als das Okzitanische gerade dabei ist, das Lateinische definitiv als gebräuchliche Schriftsprache zu verdrängen. Die letzten Dokumente auf Okzitanisch wurden in der Provence und im Rouergue verfasst und stammen ca. von 1620. Béarn ist als Ausnahme zu sehen, da das Okzitanische bis 1789 gebraucht wurde. Im 20. Jahrhundert wurde die Sprache mit einer einheitlichen Rechtschreibregelung ausgestattet, für welche die Graphie in den mittelalterlichen Texten als Vorlage diente. Diese Rechtschreibung, klassische oder okzitanisch Graphie genannt, schwächt die dialektalen Unterschiede im Schriftlichen ab, respektiert aber gleichzeitig die Besonderheiten jedes einzelnen Dialektes.
In der Provence ist eine andere Graphie, die Mistralgraphie, neben der
klassischen gebräuchlich. In eben dieser Graphie wurden einige bedeutenden Werke der literarischen Renaissance im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts verfasst. Der massive Rückgang im Gebrauch des Okzitanischen ist vor allem in den großen Städten ab dem 19. Jahrhundert spürbar, auf dem Land wiederum wird die Sprachtradition erst nach dem zweiten Weltkrieg nicht mehr in der Familie weitergegeben (in den 40er, 50er und 60er Jahren). Nach einer IFOP-Studie, die im Juni 2006 in der Auvergne durchgeführt wurde, geben 61% der Befragten an, mehr oder weniger Okzitanisch zu verstehen, darunter 22%, denen es sehr leicht fällt ; 42% können mehr oder weniger sprechen, von denen 12% ohne Schwierigkeiten. Außerdem würden 58% es gerne sehen, dass ihre Kinder Okzitanisch lernen. Allgemeiner gehalten würden 71% der Einwohner den Erhalt des Okzitanischen unterstützen. Viel versprechende Zahlen, die den Medien, Institutionen, Organismen, die für den Okzitanischunterricht verantwortlich sind, ein weites Wirkungsfeld offen lassen, um diesen Erwartungen gerecht zu werden.
Jean Sibille
Das A und O der Aussprache im Okzitanischen
Die Vokale:
- Das i wird wie im Deutschen ausgesprochen: un nis, de ris
- Das u wird wie im Französischen ausgesprochen, also wie ein deutsches „ü“: la luna
- Das betonte a behält die deutsche Aussprache bei : un pastre, un cat. Es wird meistens o ausgesprochen, wenn es am Wortende steht (oder wenn ein „s“ folgt): una cadièra, una camisa.
- Das „e“ wird offen ausgesprochen, wie im Französischen: un mantèl, un castèl
- Das „e“ ohne Akzent wird wie ein französisches „é“ ausgesprochen: negre, irange
- Das o wird wie ein deutsches „u“ ausgesprochen: un ostau, lo solelh
- Aber wenn das o einen Akzent „ò“ hat, wird es wie ein deutsches „o“ ausgesprochen: un estilò, un bòsc.
Die besonderen Konsonnanten:
- Die Konsonnantengruppe „lh“ wird wie ein italienisches „gl“ ausgesprochen: una fuèlha, una botelha.
- Die Konsonnantengruppe „nh“ wird wie ein französisches „gn“ ausgesprochen: la montanha, una castanha.
Vokalgruppen:
Im Okzitanischen gibt es Diphthonge: zwei Laute in einem Vokal. Das u in Diphthongen wird als deutsches „u“ ausgesprochen (und nicht mehr als „ü“): una taula, lo teulat. Wenn drei Vokale aufeinanderfolgen, sogennante Triphthonge, werden alle drei nacheinander ausgesprochen : suau, bueu, fiau.
Okzitanisch oder Mundart, wo ist der Unterschied?
Das Okzitanische wird im Französischen manchmal auch als „patois“ bezeichnet, was im Deutschen mit Mundart oder Dialekt zu übersetzen ist. Die Leute, die von sich sagen, dass sie „patois“ sprechen sind sich möglicherweise nicht bewusst, dass ihr „patois“ eine Sprache ist, die nicht nur in den Universitäten des gesamten okzitanischen Gebietes, in den IUFM (Vorbereitungsjahr für Lehrer), sondern auch in Paris und in zahlreichen anderen Universitäten auf der Welt unterrichtet wird: Baltimore, Wien, Neapel, Barcelona… Zudem handelt es sich um eine Sprache, die im Mittelalter dazu diente, die Werte der Troubadours in ganz Europa zu verbreiten.
In Italien, ist Okzitanisch sogar seit 1999 gesetzlich anerkannt. Dies betrifft 150 000 Personen im Westpiemont. In Spanien, ist Okzitanisch seit August 2006 Verfassungssprache durch den neuen Status Kataloniens. Okzitanisch ist jetzt im gesamten katalanischen Gebiet offiziell anerkannt, was bis vor kurzem nur im Val d’Aran der Fall war. In Frankreich setzen sich die regionalen Gemeinschaften mehr und mehr für den Ausbau des Okzitanischen ein.
Aber wenn man sich die Defi nition des Wortes „patois“ in einem
französischen Wörterbuch anschaut, ist das Wort oft abwertend
gebraucht, um beispielsweise eine „langue pauvre“, also eine verarmte Sprache zu bezeichnen, welche bäuerlich oder sogar vulgär sei. Im weiteren Sinne beschreibt dies einen schlechten Sprachgebrauch. Hier sieht man deutlich, das diese Bezeichnung des Okzitanischen unangemessen und teils auch mit einer Geringschätzung verbunden ist.
Trotzdem ist eine große Anzahl von Wörtern ins Französische und ins
Italienische übergegangen. Ein Franzose, der nicht Okzitanisch spricht,
verwendet meist ohne es zu wissen eben diese Wörter. Hier einige umgangssprachliche Ausdrücke und Wörter, die im Französischen mit ihrer okzitanischen Bedeutung gebraucht werden.
Comac: von der Größe beeindruckt
Coma aquò: so!
Cramer: brennen
Cremar / cramar: brennen. Erst seit kurzem in den französischen
Wörterbüchern.
Ensuqué: Blödmann
Ensucar: Jemanden auf den Kopf hauen.
Fada: Verrückt
Fadat: Verzaubert, von fadas, Feen besessen. Ein sympathischer
Idiot.
Mèfi !: Vorsicht!
Umgangssprache (Marseille) wurde international. Mesfia-te wird auch
im Norden gebraucht.
Pèze: Geld
Pese: Bohne und im übertragenen Sinne Kleingleid in der Umgangssprache (Marseille).
Aus Florian Vernet, Que dalle! Quand l’argot parle occitan, gefolt von
Petit lexique du sexe français/argot occitan, IEO edicions 2007.
Ebenso essen Italiener aiolì (alhòli, Knoblauchsauce auf Okzitanisch), spielen „semiton“ Okzitanischer Begriff für ein diatonisches Akkordeaon oder sie spielen petanca, la pétanque auf Okzitanisch, was von pè tancat kommt und soviel heißt wie „mit geschlossenen Füßen“.
Okzitanisch lernen
Es gibt verschiedene Unterrichtslehrgänge im Okzitanischen für alle Altergruppen, angefangen bei Kleinkindern über Abendkurs bis hin zu Schule oder Universität.
Kurse für Erwachsene
Heute werden verschiedenste Kurse, Workshops und Praktika angeboten. Dieses Netzwerk ist vielfältig und es erstreckt sich gleichzeitig auf das gesamte okzitanischsprachige Gebiet. Somit ist es
möglich die Lernmethode auszuwählen, die einem zusagt: einwöchige Praktika, Fernkurse, Onlinekurse, Abendkurse, Konversationskurse… Alles wird angeboten!
Das Centre de Formation Professionnelle Occitan, die Ecole Occitane
d’Eté und das Institut d’Etudes Occitanes haben sich zusammengeschlossen, um eine Werbekampagne für Okzitanischkurse
für Erwachsene zu starten Aprenem l’occitan! (Lernen wir Okzitanisch!). Alle Informationen sind im Internet abrufbar unter www.aprenemloccitan.com, telefonisch 0033-5 34 44 97 11 oder per Email: contact@aprenemloccitan.com
Vom Kindergarten an
Die öffentlichen Schulen
In der Grundschule kann die Regionalsprache „Okzitanisch“ gelernt werden, im Sprachunterricht, so wie die anderen Fremdsprachen. In den zweisprachigen Gruppen dient Okzitanisch zusätzlich als Unterrichtssprache in anderen Fächern, zum Beispiel in Erdkunde, Mathematik und Sport.
Kontakt : Fédération des enseignants de langue et culture d’oc (Felco), 12 rue salle l’Evêque 34000 Montpellier, tél. 04 67 66 33 31 mjvb@wanadoo.fr.
Die Calandreta-Schulen
Es handelt sich um assoziative Schulen, die mit dem Staat unter
Vertrag stehen. Der Unterricht und der Lehrstoff ist das gleiche wie
in öffentlichen Schulen, aber alles ist auf Okzitanisch, und das schon bei den Kleinsten. Französisch wird eingeführt, sobald das Kind lesen kann.
Kontakt: Confederacion Occitana de las Escòlas Calandretas Maison
de l’Occitanie, Espace Jacques-1er-d’Aragon, 117, rue des États-
Généraux,34000 Montpellier, tél. 04 67 06 81 10, confederacion.
calandretas@wanadoo.fr.
Im Collège (ca. von 11-15 Jahren) und im Lycée (ca. ab 15 Jahren)
In vielen weiterführenden Schulen (Collèges et Lycées) wird das Okzitanische von Lehrern mit Staatsexamen (professeurs certifiés) in der Regionalsprache unterrichtet. Auf dem Gymnasium kann das Okzitanische bis zum Abitur für die mündliche oder die schriftliche Prüfung beibehalten werden, als Pfl ichtfach, Wahlpfl ichtfach, Wahlfach oder Arbeitsgemeinschaft. Leider gibt es noch nicht genug geprüfte Lehrkräfte, um den Okzitanischunterricht fl ächendeckend anbieten zu können.
Kontakt: Felco, 12 rue salle l’Evêque 34000 Montpellier, tél. 04 67 66 33 31 ; Internet mjvb@wanadoo.fr.
In der Universität
Okzitanisch kann als Bachelor, Master oder Wahlpflichtfach (Option), aber auch als Spezialisierungsrichtung für Aufnahmeprüfungen (zum Beispiel für Lehrer) an folgenden Universitäten gewählt werden : Toulouse (Université Toulouse le Mirail und Université Paul Sabatier), Montpellier (Université Paul Valéry), Pau (Université de Pau et des Pays de l’Adour - U.P.P.A), Aix (Université de Provence), Limoges (Université de Limoges), Clermont-Ferrand (Université Blaise Pascal Clermont II), Nice (Université de Nice Sophia Antipolis), Poitiers (Université de Poitiers), Bordeaux (Université Michel de Montaigne).
Kontakt : Institut d’Estudis Occitans, tél. 05 34 44 97 11, direccion@ieo-oc.org.
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